Sprachaufenthalt Malta


10. Januar - 27. Januar 2016

 

 

11.1.2016

Uff… das war ein Tag! Ich hab einen ganz wirren Kopf und muss mich erst einmal ein bisschen erholen.

Aber alles schön der Reihe nach…

 

In Malta bin ich gut angekommen. Der Flug verlief ausser einigen Turbulenzen gleich nach dem Start ziemlich ruhig. Ich bin schon lange nicht mehr nachts geflogen und habe den Anblick der Lichter unter mir genossen. Nach Rom schwenkte das Flugzeug vom Festland  übers Meer  ab und bevor wir nach gut einer Stunde Malta erreichten, streiften wir noch einmal den westlichen Teil Siziliens, vermutlich lag da unter mir Palermo oder Ragusa.

Am Flughafen wurde ich zusammen mit zwei anderen Frauen aus der Schweiz abgeholt und zu meiner Host-Familie gebracht. Unser Fahrer war ziemlich halsbrecherisch unterwegs und ich bewunderte seinen Mut, in den engen Gassen in einem solchen Tempo an den parkierten Autos vorbei zu fahren. Na ja, vielleicht war es auch einfach nur halsbrecherisches Imponiergehabe und die Fahrt kam mir auch deshalb recht abenteuerlich vor, weil wir auf der linken Strassenseite unterwegs waren.  Who knows….

Das mit der Strassenseite, oh wei, davor habe ich ziemlichen Respekt und die ersten Tage werde ich einfach versuchen, nicht angefahren zu werden. Ich erinnere mich noch an England, da brauchte ich eine Woche, bis ich nicht mehr automatisch erst in die falsche Richtung geblickt hatte.

 

Ich war die letzte, die ankam und nachdem ich ihm ein Trinkgeld gegeben hatte, trug der Fahrer mir den Koffer bis zum Hauseingang und wartete, bis die Tür geöffnet wurde. Und da war ich nun, in einem südländisch anmutenden Haus, empfangen von einer kleinen quirligen Frau, Roseanne, die mich gleich in die Küche nahm und mir etwas zu Essen machte. Dann erzählte sie und erzählte… von ihrem Hund, ihren Kindern und ihren Männern. (in genau dieser Reihenfolge ;) ) Sie zeigte mir auf ihrem Handy wie sie tanzt und ich muss sagen, Chapeau, da komme ich nicht mehr mit. Sie ist eine energische, sehr herzliche, sympathische Frau.

Ich habe ein eigenes Bad, mit Rüschenvorhängen am Fenster und wunderschönen rosa Fliesen und erst heute Morgen entdeckte ich den mit Blumentöpfen bepflanzten Innenhof vor meinem Fenster.

Heute brachte mich Roseanne mit dem Auto zur Schule. Ihr Autoschild macht mich ein bisschen neidisch, das steht nämlich ganz schlicht und deutlich ROSEANNE drauf.

 

In der Schule starteten wir mit einem Einstufungstest, anschliessend gab es eine Vorstellungsrunde, einen kurzen Informationsrundgang durch die Umgebung und dann begann bereits der Unterricht.  Um 18.30 spuckte mich die Schule ziemlich erledigt und müde wieder aus, es war bereit dunkel und ich hatte seit dem Frühstück gerade mal einen mehligen Apfel gegessen. Weil es dunkel war, wusste ich nicht mehr so richtig, in welche Richtung ich nun nach Hause aufbrechen sollte – und ich musste Roseanne anrufen, die mich abholte. Zum Glück hatte sie mir dies bereits am Morgen angeboten, dann war es mir nicht ganz so peinlich. Ich hatte zwar morgens schon auf den Weg geachtet, aber in der Nacht und aus einer anderen Richtung, sah alles plötzlich ganz anders aus.

Die Häuser sind mehrheitlich aus gelblichem Sandstein gebaut und erinnern mich sehr an das maurisch geprägte Andalusien. Vieles wirkt arabisch hier, die Palmen, die gemauerten  Balkone und nicht zuletzt die Sprache, Maltesisch. Sie klingt weich, manchmal erkenne ich italienische Wörter durchzogen mit vielen arabischen Lauten – verstehen tu ich so gut wie gar nichts!

 

Nun sitze ich in meinem Zimmer, habe ein feines Nachtessen mit Fisch, Gemüse und Orangen aus Nachbars Garten hinter mir und noch Hausaufgaben vor mir. Ich hätte euch noch soooo viel zu erzählen, aber ich lasse es jetzt mal für heute und grüsse ganz herzlich aus einer anderen Welt.

 


12.1.1.2016

 

Hallo ihr, ich sitze gerade im Foyer der Schule am PC und versuche auf dieser seltsamen Tastatur die Buchstaben zu finden.
Um acht sind wir eingeladen zu einem Begrüssungsdinner - Hunger hab ich.   ;)


Ich hatte heute nur bis drei Uhr Schule und bin dann mal mit dem Bus nach Valletta gefahren. Nun geht es mir irgendwie besser. Da wo ich wohne und wo die Schule sich befindet, in St. Julian, ist es extreme hektisch. Überall wird gebaut und alle scheinen "very busy". Ich befürchtete schon ein wenig, dass ich mit dieser Insel überhaupt nicht warm werde, aber ich muss mir einfach Zeit geben.
Also, Valletta: Die Busfahrt dauerte über eine halbe Stunde. Mein Eindruck von dieser Stadt (St. Julian, Sliema... und die anderen Orte sind wie fast überall inzwischen einfach miteinander verschmolzen), Häuser, Häuser, Häuser, Stein, Stein, Stein... majestätisch und sehr marode. Überall blättert die Farbe, zerfällt der Stein. Valletta wirkt wie eine riesige Festung. Die Altstadt ist quasi ein gewaltiges Fort, jetzt im Januar fast ausgestorben, aber sehr speziell. Endlich hatte ich die Gelegenheit, mich in diese Stadt einzufühlen. Ich setzte mich auf eine Treppe irgendeines antiken Teils und lauschte... den von tausenden von Füssen abgetretenen, grossen Pflastersteinen, den Häuserwänden mit ihren hübschen, aus der Mauer heraus gebauten Balkonen:
Edle, venezianisch gekleidete Menschen habe ich in meinen Gedanken gesehen, Araber, Matrosen...

Stein saugt Erinnerungen, das habe ich schon einmal über München berichtet. Ich finde, Stein konserviert Erlebtes viel beständiger und "tiefer" als Holz, welches ich irgendwie als selbstreinigend empfinde.


Die Geschichte Maltas scheint sehr alt. Da Malta weder Bodenschätze hat noch eine Insel mit viel Vegetation ist, nimmt man an, dass sie für heilige Riten und zum Beten genutzt wurde, viele Tempelruinen bezeugen dies.

Hach, ich würde gern noch mehr erzählen, aber es ist wohl besser, nun zu schlafen.
Ich schliesse langsam Freundschaft mit dieser Insel, den Steinen sei Dank...
Es gibt Orte, da verliebe ich mich auf den ersten Schritt in sie. Malta ist anders, ein ziemlich spröder "Liebhaber". Mal sehen, welche Qualitäten diese Liebe in sich birgt...

 

 

Hier noch etwas fürs Herz und die Ohren:

https://www.youtube.com/watch?v=83GoT3l0CgM

ReTurning" ~mantra/chant by Jennifer Berezan    (aufgenommen in den Orakel-Kammern,  im Hypogeum von Hal Saflieni, Malta~ einem  5000 Jahre alten Göttinnen-Tempel für Heilung)

 

Und dies zum Lesen:

http://www.kraftort.org/Weltweit/Eur...lta/malta.html

 


 

13.1.2016

Ich revidiere:  Malta ist definitiv weiblich!

Und diese Insel ist gefühlt eine uralte Seele, die die Menschen auf ihr zwar gelassen duldet, aber nicht wirklich braucht.

 

Heute um 18 Uhr gab es ein Erdbeben. Wir sassen noch im Schulzimmer, als es einige Sekunden lang ganz deutlich bebte. Ich habe vorhin gegoogelt, ob der Ätna wieder aktiv ist, das scheint nicht der Fall zu sein. Aber auf der aktuellen Erbebenliste ist das Beben mit Epizentrum zwischen Malta und Sizilien vermerkt. Die „alte Dame“ (sprich Erde) hat sich geschüttelt…

 

Ich erzähl mal ein bisschen von der Schule. Jeden Tag habe ich 5 Stunden Unterricht. Manchmal von neun bis halb vier, heute von ein bis sechs Uhr. Ich bin in zwei verschiedenen Gruppen, wir kommen aus Brasilien, der Ukraine, Russland, Deutschland, Ungarn, der Türkei, Venezuela und der Schweiz. Es hat auffallend viele Brasilianer hier, ob das nur Zufall ist, weiss ich nicht.

Wir schreiben Aufsätze, lernen Texte im Scanverfahren zu verstehen,  meistern Hörverständnis-Aufgaben, halten Kurzvorträge… und sind ziemlich gefordert. In dieser Woche geht es viel um Wirtschaftsthemen, eine neue Welt für mich, anspruchsvoll und äusserst spannend, weil wir uns dabei mit so verschiedenen beruflichen Hintergründen bereichern und ergänzen können. Hier darf ich auch wieder einmal am eigenen Leibe erleben, wie anstrengend und fordern es ist, einen ganzen Tag in einer fremden Sprache Unterricht zu haben, und ich kann mich ein wenig besser in meine Schülern hinein fühlen, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, uff…

 

Es ist merklich kühler geworden und aufs Wochenende soll es Regen geben. Regen wäre dringend nötig hier. Roseanne erzählte mir, dass sie in der Kirche darum beten. Bei 366 Kirchen auf Malta, hilft das bestimmt!

Malta ist scheinbar das wasserärmste Land der Erde. Wenn es einmal regnet, fliesst das meiste Wasser ungenutzt ins Meer und füllt die spärlichen unterirdischen Wasserreservoirs nur wenig auf. Flüsse gibt es keine auf Malta. Ich stelle mir mit Grauen all die Touristen im Sommer vor, die achtlos Unmengen von Wasser „verduschen“. Scheinbar muss zeitweise sogar Trinkwasser mit Tankerladungen aus Sizilien eingeführt werden.

Also denn, Regen bist willkommen! Ich hoffe nur, dass ich trotzdem noch ein paar schöne Sonnentage hier geniessen darf.

 

~ *  ~

 

Roseanne erzählte mir, dass sie als erste hier in dieser Strasse gewohnt hat und da ihr der Strassenname nicht gefallen hatte, bat sie darum, ihn umbenennen zu dürfen. Jetzt heisst er "Triq (Strasse) Jasemine"!  Cool, nicht?

 

Ich komme übrigens schon recht gut mit dem Linksverkehr zurecht. Und ich bin ganz überrascht, dass die Malteser am Fussgängerstreifen anhalten. In England würde dies keiner tun!

 

~ *  ~

 

Heute habe ich mal ein bisschen in einem Lebensmittelladen „geschmökert“. Ich liebe es, all die fremdartigen Etiketten zu lesen und staune über die Vielfalt des Angebotes hier:  Italienisches, Arabisches und am irritierendsten für mich ist es immer noch, dass es hier so viel typisch Englisches zu kaufen gibt: Mango-Chutneys, Mint-Pies… alles original. Sogar Marks & Spencer gibt es hier, ein großes Einzelhandelsunternehmen aus Großbritannien.

 

 ~ *  ~

 

Auf dem Hinflug  mit Air Malta wurde uns die Flug-Sicherheitsvorkehrungen in einem kurzen Film von einer lustigen  Ritter-Comicfigur vorgeführt. Ich wunderte mich damals, was dieser Ritter mit Malta zu tun hat. Heute weiss ich mehr!

Zur Zeit des ersten Kreuzzuges entstand in Jerusalem der Orden vom Hospital des Heiligen Johannes zu Jerusalem. Die Ritter dieses Ordens wurden auch als Johanniter oder Hospitaliter bezeichnet, denn sie pflegten die Kranken und Verwundeten. Nach dem Untergang der Kreuzfahrerstaaten übersiedelte der Orden nach Rhodos. Nach dem Verlust Rhodos an das Osmanische Reich  waren die Johanniter lange heimatlos. Kaiser  Karl V. übergab ihnen das damals unbewohnte Malta, auf dem sie sich niederliessen. Zu der Zeit  bürgerte sich für die Ordensritter auch die Bezeichnung Malteser ein.

 

 Wer mag, kann hier noch mehr  über die Geschichte Maltas nachlesen.  Zum Beispiel warum die Malteser die Engländern baten, sie von den Franzosen zu befreien und wann Malta unabhängig wurde:

http://www.malta-aktuell.com/geschichte

 

Ach ja,  und die Malteser… Roseanne sagte mir, ich sähe aus wie eine Malteserin. Beurteilen kann ich das nicht, aber gestern im Bus hat mich eine ältere Frau auf Maltesisch angesprochen, weil sie dachte, ich sei von hier, muss also schon was haben.

Viele Frauen hier sind braunhaarig oder blond, obwohl das mit dem blond so eine Sache ist – wer weiss schon, ob diese Haarfarbe echt ist oder nicht. Die Männer erinnern mich an die Sizilianer, eher klein, etwas rundlich und fast alle scheinen ziemlich früh kahlhäuptig zu werden.  

 

~ * ~

 

Ps: Vielleicht komme ich ja morgen endlich einmal dazu, Fotos zu machen und hier ein zu stellen - vor lauter Schule komme ich einfach nicht dazu... *seufz*

 


14.1.2016

 

* Vormittags Unterricht * Rob, einer der Lehrer ist ein Autor – spannend – er lebte lange in Südafrika und in Vietnam * am Nachmittag dem Meer entlang nach Sliema und zurück gewandert * ein bisschen melancholisch drauf… *

 

~ *  ~

 

Es irritiert mich, im Haus mehr zu frieren als draussen. Ich realisiere soeben, dass dies ein wirkliches Winterprivileg ist, zu Hause eine warme Wohnung zu haben. Einige übertreiben zwar und heizen, dass sie barfuss und im T-Shirt sein können, aber diese Wärme ist schon ein Geschenk.

Wenn ich dran denke, dass hier einige Flüchtlinge in Zelten übernachten (und hier sind die Nächte ja noch mild!), dann höre ich jetzt sofort auf mit Jammern. :o

 

Ich spreche Englisch - überall und mit jedem - und denke, wenn ich gut drauf bin, auch in Englisch. Das Träumen kommt vielleicht auch noch. Das war auf meinen Reisen früher auch so, aber das braucht noch länger.

 


 

15.1.2016

 

Ich habe drei Lehrer.  Rob, ein milder, sehr freundlicher, älterer Herr mit kurzgeschnittenen grauen Haare – derjenige, der Bücher schreibt. Ich glaube, er hat so einiges erlebt und gesehen in seinem Leben. Manchmal bin ich etwas früher im Schulzimmer und dann erzählt er ein wenig. Dann Lorraine, ich weiss nicht, ob sie Engländerin ist, eine taffe Frau, diejenige, welche am „lehrerhaftesten“ ist. Sie weiss genau, wie sie es will, fordert uns und wir lernen entsprechend viel. Dann ist da noch Ben, ein junger Engländer. Er sieht südländisch aus, sein Vater ist aus Malaysia, erzählte er uns. Er unterrichtet locker und entspannt. Ich bin fasziniert, wie vielfältig er das Whiteboard nutzt – es macht mich „gluschtig“ auf die Zeit, in der wir an unserer Schule auch so etwas haben werden.

Die Kombination ist perfekt, die drei ergänzen einander und der Unterricht ist sehr kurzweilig.

 

Heute hatte ich wieder erst am Nachmittag Unterricht, habe am Morgen herumgetrödelt und ging dann früher zur Schule, um meine Hausaufgaben an der Wärme zu erledigen.

 

Als ich im Schulzimmer war und meine Brille aus dem Rucksack fischen wollte, war sie nicht mehr da!     Ich ging sofort nach unten und suchte, fragte an der Rezeption danach... nada.
Ohne dieses Ding bin ich ein blindes Huhn. Ich konnte nichts lesen. Tatjana (die Russin, was wohl unschwer am Namen erkennbar ist) war ein Engel. Sie fotografierte mir die Textseite ab und überliess mir ihren iPod. Nun konnte ich doch noch mitlesen.

Später in der Pause dann, als ich nochmals nachfragte, ist sie abgegeben worden (die Brille, nicht Tatjana) und ich war wieder vollkommen unterrichtstauglich. Uff!

 

~ * ~

 

Morgen soll es regnen und hageln. Eigentlich wollte ich nach Gozo – habe diesen Ausflug wetterbedingt auf nächstes Wochenende verschoben. Was ich genau machen werde, entscheide ich noch.

 

 

Langsam fühle ich mich ein wenig zu Hause hier. Ich mag meinen Schulweg. Die Häuser in meiner Strasse erinnern mich sehr an Andalusien. Was aber so richtig britisch ist, sind die kleinen Vorgärten und die Treppen, die hoch zur Eingangstür führen. Nur die Vegetation ist wohl um einiges spärlicher als in England.

 



 

 

 

 

 

Mdina = von Mauern umgebene Stadt (arabisch)

 

... eine der früheren Hauptstädte Maltas im Zentrum der Insel


16.1.2016

 

Heute waren wir zu zweit mit dem Bus auf einer Inselrundfahrt. Ich leistete mir den Luxus, mal wieder schweizerdeutsch zu reden. Und ich  war so was von froh über die geliehene Daunenjacke meiner "Host-Mam".  Es ist kaaalt und stürmisch und regnet immer wieder.

 

 

Wir beguckten uns die Insel vom Busfenster aus. Endlich ging es mal raus aus dem Häusermeer. Die Vegetation ist karg. Ab und zu sichteten wir grosse Feigenkakteen, einige Olivenbäume und vereinzelte Reben… Saftiges, grünes Gras bedeckt im Moment den Boden – seine Tage sind gezählt. Das Wetter in den nächsten Wochen wird über seine Lebensdauer entscheiden…

 

 

Eigentlich hatten wir ja heute vor, einen Tagesausflug nach Gozo zu unternehmen. Doch das Wetter passt nicht und das Meer ist rau - ich bin froh, dass wir es auf nächstes Wochenende verschoben haben.

 

 

Am Mittag liess der Regen etwas nach, gerade richtig, um in  Mdina auszusteigen und durch dieses ziemlich ausgestorbene Städtchen im Zentrum der Insel zu schlendern. Mdina war früher einmal Hauptstadt von Malta. Heute ist das malerische, noch völlig intakte, von einer Stadtmauer umgebene Städtchen wohl vor allem noch als Touristenattraktion von Bedeutung.

 

Wir waren in einer schönen,  „heimeligen“ Kirche, in der noch eine Krippe stand. Die Tradition der Krippen geht so viel ich weiss auf den heiligen Franz von Assisi zurück. In allen katholischen Ländern wie Portugal, Spanien und Italien werden zur Weihnachtszeit Krippen in der Kirche aufgestellt. Die Krippe stellte eine ganze Landschaft dar, mit handgrossen Figuren, der Heiligen Familie, Hirten, Schafen und Kamelen – ein wenig überfüllt...

 

Sie erinnerte mich an eine Krippe, die wir jahrelang in meiner Kindheit hatten. Mein Vater baute sie in eine Art Kasten. Maria, Josef, Ochs, Esel und das Jesuskind befanden sich in einer Grotte, rundherum gab es eine Landschaft mit rechteckigen, orientalisch anmutenden Häuschen. Ich war sehr fasziniert davon und diese Krippe ist bis heute meine Lieblingskrippe geblieben. Wer weiss, ob sie mitschuldig an meiner Reiselust geworden ist… ;)

 

 

Während Mdina auf arabisch „innerhalb der Stadtmauern“ bedeutet, wurde der Teil ausserhalb der Stadtmauern von den Arabern Rabat genannt, was nichts anderes als „ausserhalb der Stadtmauern“ heisst.  Dort haben wir in einer Bar, die sich in einem etwas düsteren Kellergewölbe befand (mit einem riiiesigen Billardtisch, hui…) ein typisch maltesisches Sandwich gegessen: Ftira. Dies besteht aus einem runden, knusprigen maltesisches Bauernbrot, traditionell gefüllt mit Thunfisch, Tomaten und Salat und je nach Rezept weiteren Zutaten wie, Oliven, Zwiebeln, Kapern, Peperoncini… Olivenöl darf nicht fehlen!

 

In der Mittagspause, wenn ich auch nachmittags Unterricht habe, kaufe ich mir oft „Pastizzi“, eine Art Blätterteiggebäck (eher türkischer Filloteig), gefüllt mit weichem maltesischem Frischkäse (etwas ähnlichem wie Ricotta) oder würzigem Erbsenmus. Es gibt auch Variationen aus Mürbteig – die süsse Variante ist mit Apfelfüllung - ein Mini-Apple-Pie.  Mmmm….

 

~* ~

 

Oooch Mööönsch, Roseanne schickt mir nun schon den zweiten Film auf dem Handy. Sie ist heute Abend am Tanzen. Es ist ein riesiger Tanzsaal, in dem sie ihre Runden auf dem Parket dreht, alle sind festlich gekleidet und ab und zu sehe ich Kinder im Anzug und Festtagskleid herum wuseln. Welche Freude.

 

 

Ich sitze übrigens mit einem Klunker von Fingerring an meinem  Mittelfinger da. Bevor Roseanne zum Tanzen ging, hat sie mir ihren Schatz an Tanzschuhen und Schmuck vorgeführt. *staun*  Sie zückte Schublade um Schublade voller Halsketten, Armbändern, Finger- und Ohrringen, ein wahrhaftiger Schmuckladen!

 

Ich glaube, ich habe da was verpasst oder irgendwie nicht mitgekriegt in meinem bisherigen Leben – vielleicht bin ich gar keine richtige Frau? *überleg* - zumindest keine richtige Malteserin! ;))

 

Den Fingerring hat sie mir zusammen mit einer Halskette und Ohrringen geschenkt. Es ist ein glitzernder, glimmernder Berg von einem Ring – sowas hatte ich noch nie in meinem Leben am Finger. *lach*

 


                  Rabat

britische Spuren....



Diese Balkone (jetzt musste ich doch tatsächlich googeln, was die Mehrzahl von Balkon ist - wer mag, darf sich's aussuchen: Balkone oder Balkons... geht beides ;) ) sind typisch für Malta. Ich glaube auch, die gibt es nur hier.

Sie faszinieren mich so - ich finde sie so schön!

 

Ein kleines bisschen erinnern sie mich an Jaipur.

(Red Fort: http://www.tridenthotels.com/img/Hawa-Mahal_jaipur_big.jpg   Hinter diesen Fenstern sassen die Frauen des Maharadschas und konnten ungesehen das Treiben auf der Strasse verfolgen.) 

 



17.1.2016

 

Der Sonntag lockte mit blauem Himmel. Aber er täuschte! Roseanne meinte, dies sei bestimmt der kälteste Tag des Winters  und kein Malteser wäre an solch einem Tag freiwillig unterwegs gewesen. Nun wissen wir auch warum…

 

Auf dem Nachhauseweg von unseres Valletta-Besuchs nämlich stemmten wir uns wagemutig in den Wind. Die orkanartigen Böen zerfledderten meine frischgewaschenen Haare aufs Tüchtigste und ich war so froh um meine Daunenjacke. Urks…

 

Auf einem Mauervorsprung sassen, aufgeplustert und der Kälte trotzend, Tauben. Alle akkurat in Windrichtung ausgerichtet.

 

Guck:

 

Die St. John's Kathedrale in Valletta... Geweiht ist sie dem heiligen Johannes dem Täufer, Schutzpatron des Malteserordens.

Dass diese Kirche als eine der schönsten im Mittelmeerraum gilt, kann ich nachvollziehen. von aussen schlicht und unauffällig, "explodiert" sie in ihrem Inneren vor Pracht. Keine Stelle wurde ausgelassen: Böden aus intarisienartigen Marmorbildern, Wände über und über mit komplizierten Schnitzereien verziert, Gewölbe mit kunstvollen Bildern ausgestattet, Gold, Gold, Gold... und nichts wirkt erstaunlicherweise kitschig, sondern edel und würdig.

Während das Errichten der Kathedrale nur gerade vier Jahre dauerte, benötigte man für den Innenausbau ganze hundert Jahre!

 



 

~  *  ~

 

 

~  *  ~


19.1.2016

 

Kaum ist der Wind weg, ist es bereits wieder milder. Irgendwann, als ich heute Abend in einem Laden war, muss es geregnet haben. Als ich wieder nach draussen kam, war die Strasse ganz nass und kleine Wasserbäche rannen dem Trottoir entlang. Auf dem Heimweg roch es nach Frühling. Hach, wie ich mich darauf freue.

¸¸.•.´¯`•.¸¸.´

 

Ich möchte noch vom Sonntagabend berichten. Ich fuhr mit Roseanne zum Tanzabend. Dieser fand in einem riesigen Saal statt, nichts edles, eher wie eine Art Turnhalle. Den Wänden entlang waren Tische aufgestellt und es wurde Kaffee, Tee, Salat und Chicken-Wraps serviert. Nach dem Essen wurde getanzt. Wie wünschte ich mir, wir hätten auch so etwas bei uns zu Hause!

 

Die Tänzer bewegten sich tanzend im Gegenuhrzeigersinn durch den Saal. Die Anwesenden waren alle bereits ziemlich älter, ich kam mir unter ihnen wie ein junges Küken vor. *lach* ....ist lange her und macht Spass, dieses Gefühl.  ;)

 

Getanzt wurden alle Tänze, die meisten nach einer Art Choreografie – ich war sehr, sehr, tief beeindruckt. Auch Linedance wurde getanzt. Wenn ich nach Hause komme, dann knie ich mich wieder rein ins Tanzen und werde endlich auch mit Linedance beginnen! Hätte ich bereits einige Tänze gekannt, hätte ich auch mittanzen können. Das ist das Spezielle am Linedance – er wird immer gleich getanzt, das heisst, dass man überall auf der Welt mit dabei ist, wenn man die Tanzabfolge kennt.

 

Rosanne war wieder schick in Kleid und silbernen Tanzschuhen unterwegs, ich trug zumindest meinen Glitzer-Glimmer-Funkel-Fingerring.  ;)  Sie erzählte mir, dass man auf Malta im Sommer jeden Abend irgendwo am Meer tanzen könne – was für eine traumhafte Möglichkeit, einen lauen Sommerabend zu verbringen!

 

~ * ~

 

Gestern war sie mir fast ein bisschen zu hektisch, meine Host-Mum. Wenn sie gestresst ist, dann kommandiert sie mich wie ein Kind herum und weiss manchmal erst nach einer Weile, was sie eigentlich wirklich will. Da schlagen wohl ihre sizilianischen Wurzeln durch... In Begleitung einer so quirligen Person werde ich immer gaaanz ruhig und komme mir ein bisschen wie eine lahme Socke vor -  aber irgendjemand muss ja die ganz Hektik ein wenig ausgleichen, oder?

 

Ach ja, und ich durfte die Gasheizung einschalten. Jippee...  Was für ein wunderbares Geschenk so ein bisschen Wärme doch sein kann! 

 


20.1.2016

 

Heute aus dem Unterricht mitgenommen:
"should've, could've, would've" - meist in American-English ausgesprochen, das dann in etwa so tönt:

"SchudaWudaCuda"

Dies wird in Situationen verwendet, wo man sich bedauernd oder sich grämend darüber auslässt, was man damals hätte anders tun müssen, sollen, können...

Kurz:

"In der Vergangenheit ist nichts mehr zu ändern.
Darum hör auf damit, dich immer noch damit zu beschäftigen.
Jetzt hast du die Chance, es anders oder besser zu machen!"



Weise, weise...


 

~ * ~

 


21.1.2016

 

Habe soeben Tickets für das Hypogäum gebucht, am Sonntag...

Das ist doch mal was Gutes am Januar!  Normalerweise muss man zwei Monate vorher buchen, um einen Platz bei einer Führung zu bekommen, weil sie pro Stunde nur 10 Besucher einlassen.

Ich hab da zwar immer ein bisschen Angst bei solchen Führungen, dass ich enttäuscht sein werde. Ich würde mich lieber still in eine Ecke setzten, die Atmosphäre auf mich wirken lassen und schauen, was passiert.

~ * ~


Langsam, langsam fühle ich mich ein bisschen zu Hause hier. Ich mag meinen Schulweg, der mir immer vertrauter wird. Oft träume ich vor mich hin und muss gar nicht mehr achtgeben, wo ich eigentlich bin.

Heute Nachmittag kurvte ich um die vielen Buchten bis zum Schiffshafen von Sliema, die Sonne schien...


In Sliema hat es einen Platz, da stehen drei grosse Bäume neben einander. Ich hatte es bereits gestern gehört und heute wieder: Der ganze Baum zwitschert!!!
Die Vögel habe ich noch nicht entdeckt, aber er muss voll davon sein!

Und ich setzte mich auf eine Mauer am Ufer und blinzelte nach Westen ins glitzernde Wasser und blickte nach Osten zur Silhouette von Valletta. Das Wasser vor mir war dunkelblau und samtig und die Wellen zauberten ein hellgraues Muster auf die Oberfläche.

Das Leben ist schön, wenn es einfach so sein darf, wie es ist.


23.1.2016

 

So, heute mal einfach nur Fotos. Ich war auf Gozo und es war wunderschön. Aber ich bin müüüde...

Bald berichte ich mehr, versprochen.  Lasst es euch gut gehn!

 

  (Bilder selber weiterschieben oder in der Bildmitte auf den Pfeil klicken und zurücklehnen.)

 


24.1.2016

 

Ach ihr… gerade bin ich ein wenig hin und her gerissen. Einerseits macht mich die herannahende Heimreise wehmütig und ich habe plötzlich das Gefühl, dass mir die Zeit davon rennt. Ich möchte mich noch einmal ans Meer setzen und die Sonne und Wärme so richtig in mich aufsaugen, damit ich einen Vorrat davon in meinem „Reisegepäck“ mit nach Hause nehmen kann. Ich möchte noch einmal durch Sliema und Valletta schlendern, ich möchte noch einmal Pastizzi essen und unbedingt nochmals dieses feine Gebäck, das aussieht wie ein Bireweggli und fast genauso schmeckt, aber mit Datteln gefüllt ist. Yummy…

 

Und ich würde sooo gerne noch weiterhin hier zur Schule gehen. Das war so bereichernd und spannend und fordernd. Am Montag und Dienstag bin ich nicht mehr in meiner Klasse sondern werde nur noch Einzelstunden nehmen. Ich hatte bereits am Freitag eine Privatlektion zum Thema „classroom language“, das war intensiv und gut! In meiner Phantasie habe ich mir überlegt, dass es ja eigentlich gar nicht so unmöglich ist, mal husch, husch wieder für ein paar Tage schnell nach Malta zu fliegen.
Andererseits freue ich mich so darauf, alle meine Lieben wieder zu sehen, wieder selber kochen zu dürfen und eine warme, kuschelige Wohnung zu haben. Und Frühling wird es ja auch zu Hause wieder irgendwann. *freu*

 

~ * ~

 

Gestern war ich also auf Gozo. Die Bilder haben euch ja vielleicht schon ein bisschen neugierig gemacht. Recht so!

 

Früh ging die Reise los. Erst fuhren wir mit dem Bus zur Fährstelle. Unterwegs konnten wir Salinen entdecken, die zurzeit nicht genutzt werden, aber es ist geplant, diese wieder zu betreiben. In riesigen, flachen, gemauerten Becken wurde das Salz aus Meerwasser gewonnen. Das Wort „Salär“ mit seiner Herkunft  aus dem Wort sale (Salz), bezeugt noch heute, welchen Wert und welche Bedeutung Salz für die Menschen früher hatte.
Die stämmigen, fast quadratischen Wachtürme, welchen mal überall dem Meer entlang begegnet, erinnern an die Zeit, in denen Malta immer wieder von Piraten oder fremden Völkern bedroht und  eingenommen wurde. Zwischen Afrika und Europa liegend, war Malta als Stützpunkt verständlicherweise sehr begehrt.
Die Geschichte Maltas ist eine wechselhafte, oft auch leidvolle. Beim Einfall der Türken im Jahr 1551 wurden beispielsweise alle arbeitsfähigen Bewohner der Inseln als Sklaven verkauft. Auch die Franzosen unter Napoleon waren nicht zimperlich und plünderten vor allem die reichen Kirchenschätze Maltas, um ihre Kriegszüge finanzieren zu können.


Am Samstagmorgen im Januar war die Wartehalle beim Fährhafen noch angenehm leer. Der Fährverkehr zwischen diesen beiden Inseln ist sehr rege. Die meisten Bewohner Gozos finden ihre Arbeitsstelle auf Malta, Kinder, die eine höhere Schule besuchen, müssen dazu ebenfalls auf die Nachbarinsel. Die Wartehalle ist riesig und sehr komfortabel, der Zugang zur Fähre ist ebenfalls überdacht und ähnelt einem Fingerdock, welches zu einem Flugzeug führt. Die Überfahrt war kurz, sie dauerte lediglich zwanzig Minuten.

Anschliessend durften wir erneut einen Bus besteigen. Gozo ist lieblicher als ihre spröde Schwester Malta, weniger steinig, grüner…


Auch hier entdeckte ich wieder die mir so lieb gewordenen Balkone. Aber auf Gozo sind sie gemauert, nicht aus Holz, wie diejenigen Maltas.

Beeindruckt haben mich die Steinbrüche, welche die typischen gelblichen Steinblöcke liefern, aus denen fast alle Gebäude hier gebaut sind. Der weiche, poröse Stein lässt sich schlecht anmalen und aufgetragene Farbe würde nach kurzer Zeit wieder abblättern. Dies ist der Grund, weshalb fast alle Häuser auf Malta in diesem warmen, sonnigen Honig-Ton erstrahlen.

Mit einem kleinen Fischerboot fuhren wir durch eine Lücke in einer Felswand, die aussah wie ein Tor. Das Wasser auf der landeinwärts gelegenen Seite war kristallklar und man konnte bis zum Boden sehen. Jemandem ist beim Aussteigen das Handy ins Wasser gefallen und ein Fischer konnte es mit einem Kescher wieder heraus angeln – ich bezweifle jedoch sehr, dass das Handy noch zu kommunikativen Zwecken zu verwenden war…

Im Sommer muss das jetzt noch tiefblaue, fast schwarze Wasser der Küste entlang durch die anderen Lichtverhältnisse in leuchtendem Azurblau erstrahlen, eine Tatsache, die dem natürlich entstandenen Felsentor seinen Namen verliehen hat „Azure Window“.

 

So, die Fortsetzung meines Berichtens folgt.
Ich bin schon wieder müde, hab heute erneut etwas sehr Eindrückliches erlebt… und morgen ist wieder Schule.
Deshalb mache ich für heute Schluss und werde mich gleich unter meine Sternehimmel legen und schlaaafen. Macht es ebenso!

 

(Pssst, das mit dem Sternenhimmel habe ich euch ja noch gar nicht erzählt. *lach*
Ich vergesse es ja auch immer wieder bis zu dem Zeitpunkt, wo ich das Licht lösche. Die ganze Zimmerdecke ist mit am Tag unsichtbaren, erst im Dunkeln fluoreszierenden Leuchtpunkten bedeckt - meinem ganz persönlichen, privaten maltesischen Sternehimmel.)

 

25.1.2016

 

Heute um acht hatte ich wieder eine Privatlektion.
Wenn ich nicht um dieses Phänomen wüsste, wäre ich jetzt ziemlich verwirrt und beunruhigt, denn....
... ich habe das Gefühl, ich kann weniger Englisch als vor zwei Wochen. Tatsächlich verhält es sich aber so, dass ich schlicht und einfach meine sprachliche Komfortzone verlassen habe und nun orientierungslos im unvertrauten Feld eines erweiterten Wortschatzes herumirre.
Ich möchte alles sagen können und mir fehlen die Worte...

Dass man beim Sprachenlernen verständnis- und anwendungsmässig auf zwei unterschiedlichen Leveln steht, ist mir vertraut. Aber wie es sich anfühlt, seine "Sprachgrenzen" auszudehnen, tut gut, wieder einmal am eigenen Leib zu erleben. 

 

~ * ~

 

Aaaalso, zurück nach Gozo!

Wir besuchten eine Kirche... eine der vielen hier... mindestens für jeden Tag des Jahres eine.
Die meisten Malteser sind römisch katholisch. Roseanne besucht jeden Tag die Messe. Erst seit 2011 ist es auf Malta erlaubt, sich scheiden zu lassen. (Roseanne ist "separated but not divorced" / getrennt aber nicht geschieden ) Abtreibung ist nach wie vor verboten.

Ok, die Kirche:

 

Das Marienheiligtum Basilika ta'Pinu ist ein Wallfahrtsort erster Güte.
Die Bedeutung der Kirche als Wallfahrtsort geht auf eine Marienerscheinung im Jahr 1883 zurück. Karmni Grima, eine Frau aus Gharb, vernahm damals aus der Kapelle, welche an der Stelle der heutigen Basilika stand, die Stimme der Mutter Gottes, die sie aufforderte, drei Ave Maria zu sprechen. Karmni Grima sei der Aufforderung nachgekommen, woraufhin auf wundersame Weise ihre schwer kranke Mutter genesen sei.
So einfach geht das, wenn man glaubt.

Die Kirche ist sehr schön, enthält wunderbare Mosaike und wertvolle Glasfenster.
Es gibt einen Raum, dessen Wände voll mit Dankesbezeugungen für stattgefundene Wunder hängt. (Ich habe sowas auch in Italien gesehen)
Eingerahmte Taufkleidchen für in Erfüllung gegangene Kinderwünsche - aus Silber gefertigte kleine Nachbildungen von Ohren, Augen, Brüsten... für die Genesung von Taubheit, Blindheit, Brustkrebs und anderen Krankheiten - und über einem Fenster hängen Protesen, Verbände und sowas... ziemlich skurill, das Ganze... uhh...

 

Im Teil, wo die frühere Kapelle gestanden haben muss, hängt ein Marienbild.
Mehrere Päpste besuchten diese Basilika. Ihre Geschenke zieren nun Maria auf dem Bild: eine silberne, edelsteinbesetzte Krone, ein Sternenkranz um ihren Kopf und Papst Benedikt XVI. schenkte ihr 2010 eine goldene Rose.

Na ja... ich bin nicht katholisch... und ich betrachte diese rudimentäre, "beschnittene" Art von Weiblichkeits-Verehrung als zumindest fragwürdig.  Ich jedenfalls bin mehr als die Summe dieser ausgewählten Weiblichkeits-Einzelteile

Aber in Stille vor dem Bild zu sitzen war berührend... irgend etwas in mir war nachher richtig aufgewühlt...  Ein Kraftort ist diese Kirche ganz bestimmt.

 

In Einsiedeln haben wir ja auch eine Madonna, zu der gepilgert wird, die schwarze Madonna.
Als ich einmal vor ihr sass, brach ich in Tränen aus. Ich hatte das Empfinden, als sei um sie herum so viel Leid und Trauer abgeladen worden, das war mir einfach zu viel. Ich konnte das nicht ertragen.

 

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Auch auf Gozo gibt es ein Rabat, von den Engländern in Victoria umbenannt.
Von der Altstadt "Zidtadelle" aus hat man einen prächtigen Ausblick über die Stadt. Dort oben stehend, wähnt man sich irgendwo im Orient.

 

Rabat wurde 1693 beim Ausbruch des Ätna zum grossen Teil zerstört. Seit Malta in der EU ist, existiert auch Geld, um diese zur Aufnahme als Welterbe der UNESCO vorgesehenen Bauten aufwändig zu restaurieren.
Das scheint mir eine der sinnvolleren Varianten zu sein, um EU-Gelder zu verwenden.

In Andalusien war ich auf mehrspurigen, feudalen EU-finanzierten Autobahnen unterwegs... fast alleine.

 

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Und gestern, Sonntag, war es also so weit, unser ganz besonderer Besuch im Hypogäum in Paola fand statt.

Weil wir genug Zeit hatten, besuchten wir zuerst noch die nahe gelegenen Tempel von Tarxien. Auch diese stammen aus der Jungsteinzeit. Man stelle sich dies einfach einmal vor!
Riesige Steinblöcke, in den Sandstein geschnitzte Spiralen, kinderkopfgrosse „Kugelsteine“, die vermutlich dazu dienten, die gewaltigen Steinblöcke zu verschieben.
Und damals gab es noch keine Hämmer und Meissel, nur Faustkeile, Knochen- und Geweihwerkzeuge.

Zuerst wurden Löcher gebohrt, um den Stein zu schwächen, so dass er eines Tages auseinanderbrach.

 

KLICK:

 

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Wir hatten das Ticket für den Besuch des Hypogäums um zwei Uhr gebucht. Ich war ja schon sehr gespannt darauf und hatte keine Ahnung, ob es sich lohnen würde, dieses zu besuchen.

Ja, hat es!

 

Zitat von WikipediA
Das Hypogäum von Hal-Saflieni besteht aus vielen unterirdischer Gängen, Hallen und Nischen und erstreckt sich über drei Ebenen. Die oberste Ebene war früher oberirdisch, wurde im Laufe der Jahrtausende von Gestein überlagert und liegt heute deutlich unter dem heutigen Strassenniveaus.
Die unterirdische Bestattungsanlage (7000 Skelette wurden darin gefunden) wurde im Jahr 1899 zufällig beim Errichten von Wohnhäusern für die Dockarbeiter des nahen gelegenen Hafens entdeckt. Zwei Jahre lang wurde dieser Fund geheim gehalten, weil die Bauherren befürchteten, dass dieser die weiteren Bauarbeiten verzögern würde. Ihre Befürchtungen bewahrheiteten sich. Nachdem klar war, wie bedeutend diese Anlage ist, wurden vier Häuser wieder abgerissen!

Schon beim Eingang des Hypogäums roch es modrig und es war bereits ziemlich dunkel.
Für den Rundgang bekamen wir Audiogeräte. Die Frau, welche uns durch die Gänge und Gewölbe führte, sprach nur sehr wenig. Es war sehr dunkel und sie beleuchtete diejenigen Stellen, welche gerade über das Audiogerät erklärt wurden, mit einer Taschenlampe. Selbst diesen Lichtstrahl richtete sie nur indirekt auf das zu Betrachtende.
Uns wurde anfangs erklärt, dass jeder Lichtstrahl, diese uralte Stätte, die aus der Jungsteinzeit stammt, gefährdet.
Die Tatsache, dass nur zehn Personen pro Stunde das Hypogäum besuchen dürfen hat auch damit zu tun, dass der Sauerstoffgehalt genauestens kontrolliert und reguliert wird. Alles von uns ausgeatmete Kohlendioxid beschleunigt den Zerfall dieser Anlage.

 

Wer mehr wissen möchte, kann hier nachlesen, es ist spannend:
https://de.wikipedia.org/wiki/Hypog%C3%A4um_von_%C4%A6al-Saflieni

 

Ich berichte nun einfach mal in Stichworten, weil mir irgendwie die Worte fehlen:
Dunkel - geheimnisvoll - Gänge und Nischen – spiralige, ockerfarbene Malereien an Decke und Wänden – ein Raum aus dem Felsen „geschnitzt“, wirkt wie ein Tempel über der Erde…

Ich bin noch jetzt von Ehrfurcht erfüllt. Nur mit Faustkeil, Knochen- und Geweihwerkzeugen wurde etwas so Unglaubliches geschaffen!
Wer waren diese Menschen?
Was machten sie hier genau?
Was konnten und hatten sie, das wir heute nicht mehr haben?
Woran glaubten sie?
Wie muss es gewesen sein, hier unter all diesen mehr oder weniger verwesten Körpern?
Über Schichten von Knochen zu kriechen?

Wie lange es gedauert hat, dies alles zu errichten! Vielleicht haben Menschen ihre ganze Lebenszeit damit verbracht, dieser heiligen Bauarbeit zu dienen.

Und diese Zeichnungen, puhh… so alt, so alt…

Irgendwie begegne ich hier meinen Urahnen, den Wurzeln unserer Spezies, indem ich ihren Spuren lauschen darf.
Ich bin berührt, ergriffen… wurde beschenkt… ganz leise und unspektakulär… im Dunkeln, unter der Erde… Danke!

 


27.1.2016

 

Jetzt hat es mich doch noch erwischt. Ich bin erkältet. Aber es ist nicht so schlimm. Heute fliege ich ja heim, und dann werde ich mich halt in Ruhe zu Hause gesund pflegen. Wer weiss, wo ich mich unterkühlt habe… „Frühlingstage“ sind trügerisch, so schnell schwitzt man und zieht alle Jacken aus und dann kommt ein kalter Wind auf und schwupps…

Vorgestern sass ich lange am Meer auf diesen seltsamen Felsen - die einen gelb, ausgewaschen, formlos geworden, dann sind da noch die dunklen, die filigran aussehen wie eine felsige Spitzendecke. Hier zeigt Malta seinen Körper, hier sieht man, woraus diese Insel besteht.
Ich genoss es, dem Wellenspiel zu zu sehen, das Salz zu riechen und dem beruhigenden Meereslied zu lauschen. Dieses Ein und Aus der Wellen kommt mir immer vor wie das Atmen einer riesigen „Urmutter“, aus der alles Leben unseres Planeten hervor gegangen ist.

 

 

Was mir am Anfang noch so unwirtlich vorkam, all dieses Steinige, all diese Häuser hier, ist mir inzwischen vertraut und lieb geworden. Ich sehe es jetzt mit ganz anderen Augen und ich werde zum Beispiel die Festungs-Silhouette Vallettas vermissen. Sie sprechen dieses Wort „Valletta“ so genüsslich aus, die Malteser, als ob sie auf dem “ll“ noch schnell eine Pirouette drehen würden.

Ursprünglich aus einem arabischen Dialekt (Maghrebinisch) entstanden, ist Maltesisch, oder Malti, wie es die Malteser selber nennen, übrigens die einzige semitische Sprache, die mit lateinischen Buchstaben geschrieben wird. (wobei sie noch einige mir unbekannte Buchstaben zusätzlich verwenden: Ċċ Ġġ Għgħ Ħħ Ieie Żż )

 

 Ich konnte nicht genug bekommen in den letzten Tagen von dieser Wärme, diesem Ausblick…
Ich wollte alles noch einmal in mich aufsagen, als ob es möglich wäre, sich ein Vorrats-Polster davon anzulegen und diese ganze Stimmung konserviert und inhaliert mit nach Hause zu nehmen. Hach…

 

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Gestern Abend waren wir aus, Roseanne und ich. Sie lud mich zum Pizza-Essen ein und wir sassen unter einem Heizstrahler mit einem Glas Rotwein und sie erzählte, und erzählte. Sie ist so faszinierend und ich mag sie, diese quirlige, tapfere Frau. Sie sorgt hingebungsvoll für andere, immer mehr auch für sich selber und jammert nicht sondern handelt.

 

Vor einigen Tagen musste ich sie in Kleidungssachen beraten. (von ihren Schmuckschubladen hab ich ja bereits berichtet) Sie hat einen Fototermin - den Grund habe ich nicht ganz begriffen - aber es scheint ein bedeutendes Foto zu werden.
Es fing ganz harmlos an, indem sie mir zwei Kostüme zur Auswahl vorlegte. Aber dann ging es los.
Die gute Frau hat Schränke voller Kostüme, Tanzkleider, in allen Farben, in allen Variationen... ich schwankte zwischen überwältigter Faszination und Überforderung... und fragte mich ganz vorsichtig...
Habe ich da was verpasst? Bin ich überhaupt eine Frau?

 

 


28.1.2016

 

Da bin ich wieder, daheim in einer warmen Wohnung *wohlig seufz*
Ich bin so was von erkältet und kurier mich jetzt als erstes einfach einmal aus. Gestern hab ich nicht mehr viel mehr gemacht als mich auf die Reise vorzubereiten und unterwegs zu sein.  Während ich auf das Taxi wartete, spielte mir Roseanne auf dem Klavier vor. Diese Frau ist eine Wundertüte. Sie spielt richtig, richtig gut!

Der Flug war ruhig und teilweise lag unter uns einfach bloss eine fluffige dichte Wolkendecke. Aber ganz am Anfang und am Schluss nicht, da war es eine Freude, aus dem Fenster zu gucken.
Ich konnte noch einmal den Hafen, Valletta und mein „Maltazuhause“ sehen, überflog die Salinen und den Fährhafen. Die blaue Lagune von Comino war am türkisen Wasser ganz deutlich zu erkennen. (Die gönne ich mir nächstes Mal, wenn es warm genug zum Baden ist…) Ich entdeckte die Zitadelle von Victoria (Rabat) auf Gozo – es war, als ob ich diese Inseln noch einmal mit meinen Augen hätte streicheln dürfen.

 

Auf Sizilien schmauchte der Ätna gerade sein Pfeifchen. 

Über der Schweiz wurde es dann spannend, Geografie-Unterricht vom Feinsten, huch…
Also, mit Sicherheit flog ich über die Leventina (das Tal, welches von Airolo „runter“ nach Biasca verläuft), dann habe ich den teilweise zugefrorenen Sihlsee und den Bodensee erkannt und weil wir Kloten vom Norden her angeflogen habe, drehten wir sogar eine Schleife über dem Kernkraftwerk Gösgen. Jetzt musste ich doch tatsächlich googeln, welche zwei Flüsse ich da unter mir gesehen habe, sie heissen Aare, beide! Schon wieder was gelernt.

 

Die Alpen sind wunder, wunderschön! Das muss einfach wieder einmal gesagt sein.
In der Ferne wurden sie von der Abendsonne beschienen und der Schnee glühte türkis und orange. Ich war erstaunt, dass die Berggipfel nicht vollkommen mit Schnee bedeckt waren. Sie sahen eher aus, als wären sie mit einer dicken Schickt Puderzucker bestreut worden und an den schroffen steilen Felswänden hätte dieser nicht haften können.
Wenn ich mir das so richtig überlege, dann ist ja auch die Schweiz teilweise nichts anderes als Fels und Stein *lach*

 

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Am Dienstag unternahmen wir übrigens noch eine Hafenrundfahrt. Sie hat sich gelohnt!

Dass die Malteser oft eigene Preise erfinden, wenn ein Tourist etwas kaufen will, durfte ich schon einige Male festgestellen. Beim Preis für die Hafenrundfahrt hatten sie sich aber dann selber „ein Ei gelegt“. Ich erkundigte mich bei einer Frau nach dem Preis für die Rundfahrt und mir wurde derselbe genannt, den wir auch bereits gestern angeboten bekamen und der auch auf der Angebotstafel der verschiedenen Touren stand. Deshalb war ich auch nicht in „Verhandlungs-Stimmung“. Mein Zögern wurde jedoch missverstanden. Ich erklärte, dass ich noch auf jemanden warten würde und sie bot mir darauf einen um einiges attraktiveren Preis an. Akzeptiert!

 

Eineinhalb kurzweilige Stunden waren wir auf einem kleinen, bunt bemalten Kutter unterwegs. Die Erklärungen erfolgten zuerst auf Englisch, anschliessend auf Deutsch – eine wunderbare Verständnisübung mit unmittelbarer Kontrollmöglichkeit.

Von der Seeseite aus erkennt man noch viel deutlicher, wie befestigt Valletta und seine Umgebung ist und kann die unglaubliche Bauleistung der Menschen des 16. Bis 18. Jahrhunderts entsprechend würdigen. Ich habe noch nirgends eine so konsequente Anhäufung von massiven, gewaltigen Festungsmauern gesehen. Es wird einem eindrücklich bewusst, dass sich Malta nicht umsonst so verbarrikadieren musste. (Von einem Befestigungsteil wurde uns zum Beispiel berichtet, dass er in nur drei Jahren mit Hilfe von über fünftausend Sklaven erbaut worden war, weil ein erneuter Angriff erwartet wurde.)

 

Das Hafengewässer greift mit seinen fünf Fingern ins Landesinnere hinein und jeder Winkel hatte eine neue Überraschung für uns bereit:
Botschaften und graue Marine-Riesenkolosse (bei beiden wurde mir wieder einmal klar, dass Malta nicht einfach nur eine Insel ist, sondern ein Land!) - Schiffswerften deren Schweissanlagen zu uns herüber leuchteten und die wir sogar riechen konnten – eine der vier Umkehrosmoseanlagen (Meerwasserentsalzungsanlagen) und ein Elektrizitätswerk – das „mediterrane Mini-Hollywood“ von Malta, dessen eindrückliche Kulissen für Filme wie Troja, Titanic, Gladiator, Davinci Code, Alexander und andere genutzt wurden – imposante Jachten und viele historische Gebäude aus der Ritterzeit.

Speziell wurden wir auf die niedrigen Treppenstufen aufmerksam gemacht. Die Erklärung ist darin zu finden, dass die Ritter diese sonst in ihren schweren Ritterrüstungen gar nicht hätten erklimmen können. Wenn ich mir so vorstelle… in blecherner Vollmontur bei 40 Grad im Schatten… uff…

 

Und da wären noch die Umziehkabinen Nonnen zu erwähnen, wenn sie sich nach getaner Arbeit im Hospiz ein Bad im Meer gönnen wollten. Die gemauerten Bauten sehen aus wie längliche, gemauerte, abgerundete Hütten aus.


Der Name Sliema, ist übrigens der Legende nach auf ein Gebet zurückzuführen. Bei der Hafeneinfahrt zum ehemaligen Fischerdorf steht eine Kapelle der Heiligen Jungfrau, die als Blinklicht und Orientierungspunkt die Fischer sicher in den Hafen geleitete. Bei jedem Passieren der Kapelle wurde ein „Gegrüßet seist du, Maria" gebetet.
Von diesem maltesischen „Sliem Għalik Marija", gesprochen Sliem a Maria, könnte der heutige Name Sliema abstammen.

 

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Ich möchte meine Malta-Erlebnisse ebenfalls auf Maltesisch beenden. Mit einem liebevollen:

Grazzi o Saħħa!


Danke und auf Wiedesehen!